Mein Thema: Selbstständige Schule

Für Sie im Hauptpersonalrat

HLZ 4/2016: Personalratswahlen

Die GEW Hessen setzt sich seit Jahren kritisch mit den vielfältigen Bestrebungen auseinander, die staatlich verantwortete Bildung in eine Ware und den staatlich organisierten und regulierten Bildungssektor in einen deregulierten Bildungsmarkt zu verwandeln. Auch die in Hessen umgesetzte „Selbstständige Schule“ ist ein Teil dieser Bestrebungen.

Schulen sind keine Betriebe. Der Weg zu einer neuen „Führungskultur“ verkennt die personellen Rahmenbedingungen einer Schule. Lehrkräfte haben durch ihre Ausbildung eine Profession erworben, so dass sich eine Kultur der „Führung“ oder gar des „Führens und Folgens“ verbietet. Vielmehr bedarf es einer Leitungskultur, die es Lehrkräften ermöglicht, ihre Kompetenzen in die Schulentwicklung einzubringen und über den Weg zu einer besseren Schule demokratisch mitzubestimmen. Bildung und pädagogische Arbeit sind keine normierten Produkte, deren Qualität wie bei einem Werkstück mit Hilfe von Systemen des Qualitätsmanagements gemessen werden kann.

Die GEW setzt dieser Scheinfreiheit ihr Konzept einer demokratisch verfassten Schule entgegen, in der nicht die Ökonomie die Feder führt, sondern die Pädagogik. Eine demokratisch verfasste Schule verfolgt den staatlichen Bildungsauftrag anstelle von „Kundenorientierung“, hat eine kollegiale Schulleitung und keine Schulmanager oder „Führer“ (Führungsakademie). Sie setzt auf Kooperation der Lehrkräfte und der Schulen anstelle von Konkurrenz in den Kollegien und zwischen den Schulen.

Die Erfahrungen in Hessen belegen, wohin die neue Personalfreiheit führt: einseitige Stärkung der Schulleitung, Honorarverträge, Ausweitung befristeter Angestelltenverträge und höhere Arbeitsbelastungen. Durch die Organisation der Kooperation und die Schulung der Schulpersonalräte auch durch die GEW-Mitglieder im Hauptpersonalrat der Lehrerinnen und Lehrer (HPRLL) und die Argumentation der GEW-Fraktion gegenüber dem Kultusministerium konnten in der Vergangenheit die schlimmsten Auswüchse verhindert werden. So konnte zum Beispiel das Ministerium davon überzeugt werden, die Rechte von Konferenzen bei der Budgetierung und der Verteilung von Stellen für alle nachlesbar festzuschreiben.

Zehn Millionen Euro zurück in die Landeskasse

Obwohl ein Globalbudget verhindert und die Umwandlung von Stellen in Geld wenig lukrativ gestaltet wurde, kam es dazu, dass rund 4 Prozent der Stellen in den selbstständigen Schulen nicht besetzt, sondern im Rahmen des Großen Schulbudgets (GSB) in Geld umgewandelt wurden. Diese Gelder wurden nur zu einem geringen Teil genutzt, was zu der skandalösen Tatsache führte, dass Rücklagen von über 10 Millionen Euro verfielen und den Schulen nicht mehr zur Verfügung stehen. Dass Stellen vorrangig besetzt werden und Rücklagen nicht verfallen, sondern für die Arbeit an Schulen zur Verfügung bleiben, wird ein wichtiges Anliegen der GEW-Fraktion im nächsten HPRLL sein.

Es bleibt noch viel zu tun: Um ihre Rechte in den Konferenzen wahrnehmen zu können, brauchen die Kollegien Beratung und Unterstützung. Die „Selbstständige Schule“ setzt weiterhin auf Konkurrenz anstatt auf Kooperation zwischen Schulen. Die einseitige Stärkung der Schulleiterinnen und Schulleiter führt zur Abhängigkeit von deren „Goodwill“. Die Schulpersonalräte müssen in ihren Rechten und in ihren Kompetenzen gestärkt werden. Die Stärkung der Konferenzen zur Demokratisierung von Schulen muss auf die Tagesordnung. Die Personalhoheit der Schulleitungen muss begrenzt werden. Die betriebswirtschaftlichen Steuerungsinstrumente sind nicht vom Tisch. Dazu gehören das „Führen mit Zielvereinbarungen“, das Qualitätsmanagement mit seinen überbordenden bürokratischen Verpflichtungen zur Dokumentation oder die Ersetzung von Erlassen durch Kontrakte. Schulleitungen werden weiterhin als „Manager“ ausgebildet, obwohl die Erfahrungen zeigen, dass nur durch kollegiale Schulleitungen ein Ausbau von Beteiligungsmöglichkeiten und dadurch eine pädagogische Entwicklung der Schule möglich wird.

In diesem Sinne wird sich die GEW-Fraktion im HPRLL weiter für eine echte Selbstständigkeit von Schulen mit mehr Mitbestimmung und weniger Belastungen von Lehrkräften einsetzen und die Kooperation und Kompetenzen der Schulpersonalräte stärken.

Versetzungen und Einstellungen

Kollege Ralf Becker ist im HPRLL für die Kooperation mit der Zentralstelle Personalmanagement (ZPM) in Darmstadt zuständig. Dort werden jedes Jahr 1.500 bis 2.000 Ranglisten­einstellungen und alle Versetzungsanträge bearbeitet und überprüft. Ralf Becker lobt „die sorgfältige Arbeit der Sachbearbeiterinnen und die gute Kommunikation mit dem HPRLL“. Im HPRLL werden alle Ranglisteneinstellungen und Versetzungswünsche gesichtet und an die zuständigen Gesamtpersonalräte und von diesen an die zuständigen Schulpersonalräte weiter gereicht. Hiermit verbunden ist eine umfangreiche Beratungsarbeit für Gesamt- und Schulpersonalräte und Kolleginnen und Kollegen.

Während beim Ranglistenverfahren in der Regel wenige Probleme auftauchen, ist beim Versetzungsverfahren Handlungsbedarf zu erkennen. Nur etwa jeder achte Versetzungsantrag wird umgesetzt, was bedeutet, dass viele Kolleginnen und Kollegen sehr lange auf die Erfüllung eines Versetzungswunsches warten müssen. Es wird ein zentrales Anliegen der GEW-Fraktion im HPRLL sein, Versetzungswünsche im Sinne der Kolleginnen und Kollegen in Zukunft schneller umzusetzen.

Für Sie im Hauptpersonalrat

Ralf Becker ist Lehrer an der Werner-Heisenberg-Schule in Rüsselsheim. Im HPRLL kümmerte er sich insbesondere um die Belange der Beruflichen Schulen und die Kooperation mit der Zentralstelle Personalmanagement in Darmstadt.