Baustelle Lehrerbildung

Für Sie im Hauptpersonalrat

HLZ 4/2016: Personalratswahlen

Die Novellierung des Hessischen Lehrerbildungsgesetzes (HLbG) von 2011 brachte für die Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst (LiV) einige Verbesserungen: weniger bewertete Module und mehr Gewicht für die Unterrichtspraxis bei der Bewertung. Doch die Probleme der Modularisierung waren damit nicht beseitigt: Die Benotung schon im ersten Hauptsemester lässt zu wenig Raum für Beratung, und durch das Nichtbestehen einzelner Module droht ein frühes Aus. Die GEW wird deshalb auch bei der für 2017 geplanten Novellierung des Hessischen Lehrerbildungsgesetzes (HLbG) für eine Abschaffung der Modularisierung eintreten.

Das größte Problem der Lehrerbildung bleibt jedoch ihre chronische Unterfinanzierung. Die Erhöhung der Anrechnung der LiV an den Ausbildungsschulen von 6,4 auf 8 Stunden ist der Ausbildung abträglich. Sie erschwert Doppelbesetzungen und gefährdet die Ausbildungsbereitschaft an den Schulen wegen drohender Überbesetzungen. Mentorinnen und Mentoren erhalten weiter keine Anrechnungsstunden, obwohl dies bei der Verkürzung der Ausbildung um drei Monate von den politsch Verantwortlichen versprochen wurde. Die GEW hat im HPRLL diese Missstände immer wieder angeprangert und wird hier auch in Zukunft keine Ruhe geben.

GEW kritisiert Praxissemester

Wir haben die Erprobung des Praxissemesters kritisiert: Es kommt im Ablauf der Lehrerausbildung an den Hochschulen zu früh und außerdem führt die Betreuung der Studierenden an den Schulen zu einer weiteren nicht akzeptablen Belastung der Lehrkräfte. Während in anderen Bundesländern Entlastungsstunden für die Mentorinnen und Mentoren vorgesehen sind, soll in Hessen auch diese Aufgabe zusätzlich von den Lehrkräften gestemmt werden. Daher hatten die vom Modellversuch betroffenen Universitäten im vergangenen Wintersemester große Mühe, genug Schulen zu finden – auch für die Studierenden ein unhaltbarer Zustand! Die GEW fordert vor der anstehenden Novellierung des HLbG eine transparente und ergebnisoffene Evaluation des Modellversuchs, die auch die Mentorinnen und Mentoren und ihre Arbeitsbedingungen mit in den Blick nimmt.

Die unzureichende Personalausstattung der Studienseminare verursacht eine krank machende Arbeitsverdichtung bei Ausbilderinnen und Ausbildern und einen erhöhten Unterrichtsausfall beim Unterricht, den diese halten müssen, und führt zu einem Mangel an Beratungszeit. Zwar hat der HPRLL nach langen Verhandlungen eine Verbesserung des Faktors für die Personalzuweisung erreicht, auskömmlich ist er jedoch weiterhin nicht. Auch der Pool für Vertretungen bei längerer Krankheit und Elternzeiten ist zu knapp bemessen. Neue Herausforderungen bei der Inklusion, der Beschulung von Seiteneinsteigern und der Basisqualifizierung für Deutsch als Zweit- und Fremdsprache können nur bewältigt werden, wenn die Aufgaben rechtzeitig geplant, inhaltlich vorbereitet und mit Ressourcen ausgestattet werden.

Zu den Erfolgen unserer Arbeit im HPRLL gehört, dass die Teilzeitbeschäftigung im Referendariat endlich auch in der Praxis möglich ist. Außerdem hat unser Protest dazu beigetragen, dass die geplante Kürzung von 800 LiV-Stellen im Landeshaushalt verhindert wurde. Allerdings sind sowohl am 1.11.2015 als auch am 1.5.2016 nicht alle 4.800 LiV-Stellen besetzt worden. Rund 200 Stellen blieben unbesetzt, obwohl es für die Lehrämter für Haupt- und Realschulen und für Gymnasien immer noch (oder wieder) Wartelisten gibt. Dies ist inakzeptabel und wird zu öffentlichen Protestmaßnahmen führen, wenn die Stellen nicht wieder besetzt werden.

Die Stellenkürzungen in der Schulverwaltung haben gravierende Auswirkungen auf die Fortbildung der Lehrkräfte und pädagogischen Fachkräfte. Die Hälfte der Stellen für die regionale Fortbildung und für die pädagogische Unterstützung von Schulen wurde gestrichen, das Angebot an Fortbildungsveranstaltungen weiter verringert. Zusätzliche Ressourcen gab es nur für Maßnahmen, die den bildungspolitischen Zielen des HKM entsprechen (Selbstständige Schule, kompetenzorientierter Unterricht, Qualifizierung der „Führungskräfte“). Das Fortbildungsbudget der Schulen ist weiterhin viel zu niedrig und wurde seit vielen Jahren nicht erhöht. Diese Kritik haben wir als Vertreterinnen des HPRLL auch in der Arbeitsgruppe „Lehrerbildung“ beim „Bildungsgipfel“ nachdrücklich vertreten.

Von den Absichtserklärungen des „Bildungsgipfels“ wurde kaum etwas angegangen oder gar umgesetzt. Das gilt für kritische Inhalte der Fortbildung genauso wie für die Stärkung der Professionalität durch Möglichkeiten zum Coaching und zur Supervision. Wichtig war uns auch die Forderung, dass die Wirksamkeit von Fortbildung für den Unterricht durch unterrichtsbezogene und fachdidaktische Fortbildungen erhöht wird. Auch bei der Gestaltung der Berufseingangsphase und den Fortbildungsangeboten für Berufseinsteiger gibt es trotz lauter Absichtserklärungen kaum Fortschritte.

Stattdessen droht bei der Lehrerzuweisung für das Schuljahr 2016/17 eine weitere Kürzung der Stellen für Fortbildung und Beratung. Während die Fortbildung der Lehrkräfte weiter beschnitten wird, plant das HKM gleichzeitig eine teure und inhaltlich fragwürdige Vorabqualifizierung von Schulleiterinnen und Schulleitern .

Der Veränderungsbedarf in der Lehrerbildung ist groß, der Ressourcenmangel enorm. Der HPRLL legt immer wieder den Finger in die Wunde, doch ist der überfällige Kurswechsel nicht allein durch die Personalratsarbeit zu schaffen.

Für Sie im Hauptpersonalrat 

Heike Lühmann tritt nach 16 Jahren nicht mehr für die Wahl des HPRLL an, wird aber ihre Arbeit im Referat Aus- und Fortbildung im GEW-Landesvorstand fortsetzen. Dort engagiert sich auch Christina Nickel, Ausbilderin am Studienseminar für Grund-, Haupt-, Real- und Förderschulen in Wiesbaden, die auf der GEW-Liste für den HPRLL kandidiert.